Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versorgung-Gesetz – DVG)
06.06.2019
Ziel des Referentenentwurfes ist es, die bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation im Gesundheitswesen zu befördern und zu beschleunigen.
Insbesondere sollen mit einer sicheren Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien für die Patienten, die Leistungserbringer und die Krankenkassen umfassend nutzbar gemacht werden.
Bei diesem zentralen Anliegen müssen alle Leistungserbringer in den Versorgungsstrukturen der GKV auf gesetzliche Regelungen vertrauen können, die nicht zu einem Quasi-Informationsmonopol bei Ärzteorganisationen oder Krankenkassen führen und die nicht zu Oligopolen bei der Gestaltung und dem Zugang bei der digitalen Infrastruktur führen, die faktisch andere Leistungserbringer wettbewerblich diskriminieren. Die Regulierungsansätze in zentrale oder dezentrale Infrastrukturinvestitionen, einseitige Mitwirkungsrechte bei den Regelungen über Umfang und Zeitpunkte der Integration von Leistungserbringen in die Infrastrukturinvestitionen, können als wettbewerbsbehindernde Markteintrittsbarrieren für einzelne Gruppen wahrgenommen werden und faktisch so wirken. Dies muss in jedem Fall verhindert werden.
Zu Artikel 1 Nr. 7 RefE: § 75b SGB V-RefE
Die vorgesehene Regelung des § 75b SGB V-RefE sieht vor, dass die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen bis zum 31. März 2020 die Anforderungen zur Gewährleistung der IT-Sicherheit in der vertragsärztlichen und, hier relevant, vertragszahnärztlichenVersorgung in einer Richtlinie festlegen.
Das Anliegen eines hohen Sicherheitsniveaus in der IT wird vom VDZI begrüßt. Die weittragenden Aufgaben und Rechte gegenüber dem einzelnen Zahnarzt wie auch gegenüber den vorgelagerten IT-Anbietern, wie sie etwa der KZBV in der vertragszahnärztlichen Versorgung erwachsen, wird unter risikopolitischen Aspekten einerseits aber auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit sehr skeptisch betrachtet.
Der damit verbundene faktische Machtzuwachs der Kassenärztlichen Vereinigungen und an anderer Stelle des Entwurfs der Krankenkassen und des GKV Spitzenverbandes, wie er mit der Zuweisung von Aufgaben und Instrumenten auf dem Gebiet der Gestaltung und Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen verbunden ist, erscheint an vielen Stellen unverhältnismäßig, ordnungspolitisch riskant und erheblich anfällig für Datenmissbrauch.
Vor diesem Hintergrund bekräftigt der VDZI auch in diesem Gesetzgebungsverfahren seine Forderung, dass ihm die rechtliche Möglichkeit gegeben wird, als Vertreter der Interessen der gewerblichen zahntechnischen Laborean der Gestaltung und Umsetzung der Digitalisierungsziele mitwirken zu können.
Vorschlag 1: § 88 Abs. 1 SGB V wird ergänzt:
„In der Vereinbarung sind auch die weiteren Einzelheiten über Inhalt, Art und Vergütung der elektronischen Übermittlung notwendiger Daten des zahntechnischen Labors an den beauftragenden Zahnarzt in der vertragszahnärztlichen Versorgungzu regeln.“
Vorschlag 2: Einbindung der Dentallabore in die Telematikinfrastruktur nach § 291 ff. SGB V
In der vertragszahnärztlichen Versorgung mit Zahnersatz besteht die Anforderung durch den einzelnen Zahnarzt an das Dentallabor zur gegenseitigen Übermittlung von sensiblen und schützenswürdigen Versicherten-, Auftrags- und Rechnungsdaten.
Dies erfolgt derzeit ungeregelt und uneinheitlich. Hierzu besteht ein Bedarf für die Nutzung sicherer und zwischen den Beteiligten abgestimmte Übermittlungsverfahren. Daher ist es aus datenschutztechnischen, aber auch aus verfahrenstechnischen Gründen sinnvoll, wenn dieser digitale Datenaustausch des Dentallabors in die vorgesehene Telematikinfrastruktur eingebunden wird.
Weitere Begründung:
Derzeit erfolgt zwischen dem zahntechnischen Meisterlabor und der Zahnarztpraxis die elektronische Übermittlung der Rechnungsdaten, die die Zahnartpraxis zur Weitergabe ihrer Rechnungsdaten an die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen benötigt, bislang ohne Rechtsgrundlage.
Sie erfolgt als „Service“ des Dentallabors. Ohne diese Bereitschaft des Dentallabors müsste über die manuelle Eingabe der Rechnungsdaten in der Zahnarztpraxis ein Systembruch in Kauf genommen werden.
Dem gemäß erfolgt der digitale Datenaustausch zwischen Dentallabor und Zahnarzt jeweils individuell, je nach technischer Ausstattung und persönlicher Präferenzen der Akteure, was aus der Sicht eines umfassenden Zieles einer hohen IT-Sicherheit und Datenschutz unbefriedigend ist.
Für die einheitliche und abgestimmte Gestaltung des digitalen Datenaustausches zwischen Zahnarzt und Dentallabor muss dem VDZI eine rechtliche Möglichkeit gegeben werden, an der Schaffung einer sicheren einheitlichen und funktionsfähigen Telematik‐Infrastruktur im Versorgungsbereich Zahnersatz mitwirken zu können.
Dabei sind folgende Ziele zu erreichen:
1.Umfassender und missbrauchssicherer Datenschutz durch sichere Informations-und Kommunikationswege und klare Regeln für den Datenzugriff.
2.Wettbewerbsneutrale Datenverwendung, insbesondere durch
- Die Herstellung der Informationsparität zwischen den betroffenen Kreisen, insbesondere der Leistungserbringer und den gesetzlichen Krankenkassen, die miteinander in einem Vertragsverhältnis stehen.
- Die Herstellung von Mitspracherechten der maßgeblichen Verbände der Daten liefernden Leistungserbringer bei der Festlegung der Informations-und Kommunikationsstrukturen und der auszutauschenden Daten.
Gerade die Besonderheiten der sozialrechtlichen Stellung der gewerblichen zahntechnischen Labore begründen die Notwendigkeit einer solchen Forderung und machen eine gesetzliche Regelung sinnvoll und notwendig, damit die schutzwürdigen Interessen der gewerblichen Zahntechniker durch angemessene Beteiligungsrechte bei der Gestaltung der Informations-und Kommunikationstechnologie im Gesundheitswesen integriert und berücksichtigt werden können.
Besonderheit: Zahnarzt ist Kunde und Konkurrent des zahntechnischen Meisterlabors zugleich
Der gewerbliche Zahntechniker ist als Leistungserbringer umfassend in das sozial-und medizinrechtliche Regelungswerk mit seinen Pflichten eingebunden.
So verpflichten die sozialrechtlichen Vorschriften zur Beteiligung an Zahnersatz-, Festzuschuss- und Qualitäts-Richtlinien, zu kollektivvertraglichen Regelungen über die Leistungen, deren Preise und dabei insbesondere zu Vorschriften zur Leistungs-und Kostentransparenz bei der Abrechnung. Darüberhinaus gilt das Medizinproduktegesetz mit seinen Dokumentationspflichten.
Gleichzeitig besteht die Besonderheit, dass der gewerbliche Zahntechniker patientenindividuellen Zahnersatz unter den Vorgaben des Medizinproduktegesetzes in einem direkten werkvertraglichen Auftragsverhältnis zum Zahnarzt erstellt, der das Medizinprodukt als Einzelanfertigung für den Patienten beschafft.
Gerade diese Besonderheit der dualen Rechts-und Vertragsbeziehung der gewerblichen Zahntechniker unterscheidet sich von den anderen Leistungserbringern, die direkt am Patienten Verordnungsleistungen erbringen und direkt mit der Krankenkasse abrechnen. Und genau diese Besonderheit führt zu erheblichen Risiken bei der digitalen Vernetzung im Gesundheitswesen für die Zahntechniker, wenn die Beteiligungsrechte an dieser Stelle nicht mit geregelt werden.
1. So führt beispielsweise die Verfügbarkeit vollständiger Abrechnungsdaten nur in der Hand der Gesetzlichen Krankenkassen als Kollektivvertragspartner der Zahntechniker im SGB V zur direkten Verletzung der Informationsparität, d.h. die einseitige Verfügbarkeit von Leistungs-und Abrechnungsdaten kann zum Nachteil des Vertragspartnerseingesetzt werden. Diese Gefahr ist für das Zahntechniker-Handwerk beispielsweise für die Verträge nach § 88 Abs. 1, § 88 Abs. 2 und § 57 Absatz 2 SGB V gegeben.
2. Der Zugang und die Verfügbarkeit auch und gerade von Daten potenziell über alle erfolgten zahntechnischen Leistungsabrechnungen durch die zahnärztlichen Körperschaften könnte zu der Gefahr führen, von diesen im Kollektivvertragswesen (Verteilungsinteressen) einerseits und als Interessenvertreter der Zahnärzte (als Nachfrager und Konkurrent) im zahntechnischen Markt, genutzt zu werden, die Wettbewerbsbedingungen der gewerblichen Zahntechniker zu beeinträchtigen.
Die Stellungnahme des VDZI zum DVG finden Sie hier zum Download.