Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung
(Terminservice‐ und Versorgungsgesetz – TSVG)
16.08.2018
Der Kern des Gesetzes ist der Ausbau der Terminservicestellen. Für Patientinnen und Patienten sollen sie zentrale Anlaufstellen werden und 24 Stunden an 7 Tagen pro Woche erreichbar sein. Das Mindestsprechstundenangebot der Vertragsärzte wird parallel dazu erhöht. Die Kassenärztlichen Vereinigungen müssen künftig in unterversorgten Gebieten eigene Praxen eröffnen oder Versorgungsalternativen anbieten. Darüber hinaus wird der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) um zusätzliche Angebote erweitert. Für ihre Versicherten sollen die GKVen spätestens ab 2021 eine elektronische Patientenakte anbieten.
Artikel 1 Nr. 13 (§ 29 Absatz 5 RefE) – Kieferorthopädische Behandlung
Gemäß § 88 Abs. 1 SGB V vereinbaren der GKV‐Spitzenverband und der Verband Deutscher Zahntechniker‐Innungen das Verzeichnis der abrechnungsfähigen zahntechnischen Leistungen für die Versorgung mit Zahnersatz der Regelversorgung nach § 56 Abs. 2 SGB V sowie Leistungen, die im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung und der Behandlung mit Aufbissbehelfen anfallen.
Diese Zuständigkeit ist auch bei der Regelung zur Vereinbarung eines Kataloges über Mehrleistungen und Zusatzleistungen als vereinbarungs‐ und abrechnungsfähige Leistungen in § 29 Abs. 5 RefE zu beachten.
Vorschlag zu § 29 Absatz 5 RefE
Der VDZI schlägt daher vor, in § 29 Absatz 5 RefE den Satz 3 wie folgt zu verändern:
„Die Vertragspartner für den einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen nach § 87 Abs. 1 SGB V und die Vertragspartner für das Verzeichnis der abrechnungsfähigen zahntechnischen Leistungen nach § 88 Abs. 1 SGB V vereinbaren zur näheren Konkretisierung der zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen nach Satz 1 jeweils einen Katalog der typischerweise als Mehrleistungen vereinbarungs‐ und abrechnungsfähigen Leistungen; dieser Katalog kann zugleich beispielhaft solche nicht in den Leistungsverzeichnissen für zahnärztliche und zahntechnische Leistungen abgebildeten kieferorthopädischen Leistungen festlegen, welche nicht als Mehrleistungen im Sinne von Satz 1 anzusehen sind (Zusatzleistungen).“
Begründung
Die Regelungen sehen vor, dass Versicherte gegenüber den ausreichenden, zweckmäßigen und notwendigen Versorgungsleistungen, wie sie im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen aufgeführt sind, Mehrleistungen und Zusatzleistungen erhalten können, ohne dass sie den Sachleistungsanspruch verlieren. Die Regelung folgt der Anschauung, dass es auch in der kieferorthopädischen Behandlung verschiedene Behandlungsalternativen gibt.
Die kieferorthopädische Behandlung erfolgt mit zahnärztlich medizinischen Behandlungsleistungen, aber insbesondere mittels von Zahntechnikern für den einzelnen Patientenfall individuell hergestellten kieferorthopädischen Schienen und Geräten, die sich zudem in Herstellungsart und Materialverwendung unterscheiden.
Es ist daher sachgerecht und notwendig für eine fachlich konsistente Leistungs‐ und Abrechnungssystematik über alle Abrechnungsbereiche auch die Vereinbarung eines Kataloges von, mit dem Patienten vereinbarungs‐ und abrechnungsfähigen, zahntechnischen Leistungen den Vertragspartnern nach § 88 Abs. 1 SGB V, mithin dem GKV‐Spitzenverband und dem Verband Deutscher Zahntechniker‐Innungen, zuzuordnen.
Grundsätzliche kritische Betrachtung
Der VDZI sieht aus grundsätzlichen ordnungspolitischen Erwägungen die Neuregelung sehr kritisch. Ohne die Regelungen abschließend zu bewerten, sehen wir Grundsatzfragen berührt:
Der beabsichtigte Katalog von vereinbarungs‐ und abrechnungsfähigen Leistungen berührt und regelt die Entscheidungen, die ausschließlich in die Entscheidungsautonomie des Patienten, des Zahnarztes und des Zahntechnikers fallen, da die jeweiligen Entscheidungen keine finanziellen Folgewirkungen auf die Gesetzliche Krankenversicherung haben.
Die Eigenlogik, wenn solche Kataloge erst bestehen, lässt erwarten, dass es möglicherweise nicht dabei bleibt. Inwieweit durch die Regelungen direkt oder – angesichts der faktischen Organisations‐ und Durchsetzungsmacht einzelner Institutionen im Gesundheitswesen – auch indirekt die Entscheidungssouveränität und informationelle Selbstbestimmung des Versicherten ohne relevanten Sachgrund beeinträchtigt wird, und ob damit der Zahnarzt und die Zahntechniker in ihrer Berufsfreiheit unverhältnismäßig eingeschränkt werden und inwieweit eine zukünftige Anwendung solcher Kataloge noch den Schutz von Betriebs‐ und Geschäftsgeheimnissen im Wettbewerb gewährleistet, muss sehr eingehend geprüft werden.
Der VDZI vertritt die Auffassung, dass nicht in jedem Fall die Schutzziele der GKV für den einzelnen Patienten in der Abwägung schwerer wiegen als die Freiheit zur Verantwortung über die eigene Entscheidung.
Artikel 1 Nr. 27 (§ 55 Absatz 1 RefE) – Erhöhung der Festzuschüsse
Der VDZI begrüßt die Anhebung der Festzuschüsse, die das Ziel verfolgt, die Versicherten von Zuzahlungen in der Zahnersatzversorgung zu entlasten.
Gemäß Artikel 15 soll die Erhöhung der Festzuschüsse erst am 01. Januar 2021 in Kraft treten.
Vorschlag 1
Der VDZI schlägt hierzu vor, durch eine geeignete Übergangsregelung zu vermeiden, dass es in den Monaten vor Geltungsbeginn der neuen Festzuschüsse zu drastischen Verschiebungen der Inanspruchnahme von Zahnersatzversorgungen durch die Patienten kommt.
Begründung
Aus allen Gesundheitsreformen der Vergangenheit ist hinreichend bekannt, dass gesetzliche Neuregelungen in der Zahnersatzversorgung, insbesondere jene, die die Zuzahlung verändern, zu extremen Reaktionen der Patienten führen, die bei Zahnärzten und bei Zahntechnikern zu ebenso extremen wirtschaftlichen Konsequenzen über Jahre hinweg führen. Dass die Verringerung der Zuzahlung auch vom Gesetzgeber als bedeutend angesehen wird, zeigt der Hinweis auf Seite 52 im Referenten‐Entwurf, wonach dadurch „die Versicherten je nach notwendiger Versorgung um Beträge bis in den dreistelligen Euro‐Bereich hinein“ entlastet werden.
Ohne Übergangsregelung sind Kurzarbeit, Entlassungen, Verluste qualifizierter Fachkräfte und Liquiditätsengpässe in den zahntechnischen Betrieben ansonsten zu erwarten.
Daher sind mit langen Vorankündigungszeiten für die beabsichtigten Zuschusserhöhungen ab 01.01.2021 mit Sicherheit erhebliche Nachfrageausfälle zu erwarten, spätestens ab dem zweiten Halbjahr 2020.
Vorschlag 2
Der VDZI schlägt vor, den Geltungsbeginn früher als 01.01.2021 zu setzen.
Begründung
Die Erhöhung der Festzuschüsse ist sachgerecht.
Denn je stärker die Patienten – gesundheitspolitisch gewollt – die zahnerhaltenden Maßnahmen umfassend in Anspruch nehmen, desto weniger kann ihnen die Eigenverantwortung an den trotzdem noch eintretenden größeren Zahnschäden zugewiesen werden, die dann mit Zahnersatz behandelt werden müssen.
Dass die Gesetzliche Krankenversicherung in den letzten Jahrzehnten die Investitionen/Ausgaben in alle Maßnahmen der Prävention und Zahnerhaltung deutlich ausgeweitet hat, ist hinreichend bekannt. Die Erhöhung der Festzuschüsse ist daher folgerichtig.
Dies zeigen beispielsweise die nachfolgenden Übersichten zu der Entwicklung der Abrechnungsfälle und der GKV‐Ausgaben, die aufzeigen, dass alle vorgelagerten zahnmedizinischen Leistungsbereiche deutlich angestiegen sind, während die Zahnersatzversorgung in den Fallzahlen als einziger Bereich negativ ist.
Abrechnungsfälle in 1.000 | 2010 | 2016 | in % |
Konservierende‐Chirurgische Behandlung | 69.388 | 76.284 | 9,94 |
Parodontalbehandlung | 802 | 896 | 11,72 |
Kieferbruch | 1.556 | 2.577 | 65,62 |
Kieferorthopädie | 6.429 | 6.841 | 6,41 |
Prothetik | 8.287 | 7.480 | ‐9,74 |
GKV‐Ausgaben in Millionen EUR | 2010 | 2016 | in % |
Konservierende‐Chirurgische Behandlung | 6.266,0 | 7.947,0 | 26,83 |
Individualprophylaxe | 461,2 | 539,1 | 16,89 |
Parodontalbehandlung | 363,0 | 456,0 | 25,62 |
Sonstige Leistungen | 293,1 | 487,6 | 66,36 |
Kieferorthopädie | 920,8 | 1.103,0 | 19,79 |
Prothetik | 3.116,0 | 3.261,0 | 4,65 |
Die Erhöhung der Festzuschüsse ist früher finanzierbar
- Die vorgenannte negative Entwicklung der Fallzahlen und die praktisch stagnierenden Ausgaben für Zahnprothetik haben dazu geführt, dass der Anteil der Zahnersatzausgaben an den Gesamtausgaben weiter gefallen ist und im Jahr 2016 auf einem historischen Niedrigwert von 1,5 Prozent lag.
GKV‐Ausgaben in Milliarden EUR | 2010 | 2016 | in % |
Ausgaben insgesamt | 176,0 | 222,7 | 26,56 |
Behandlung durch Ärzte | 28,4 | 37,3 | 31,25 |
Behandlung im Krankenhaus | 56,7 | 70,5 | 24,29 |
Arznei, Heil‐ und Hilfsmittel, Apotheken | 28,0 | 32,8 | 17,05 |
Zahnarztbehandlung o. Zahnersatz | 8,3 | 10,5 | 26,56 |
Zahnersatz | 3,1 | 3,3 | 4,68 |
Anteil Zahnersatz an Ausgaben |
1,8 | 1,5 |
- Der weiter oben dargestellte Rückgang der Abrechnungsfälle, und damit auch der Rückgang der Zahl der abgerechneten Festzuschüsse, hat nur für das Jahr 2016 gerechnet die Wirkung, dass auf der Basis der Festzuschussbeträge 2016 der Rückgang der Fallzahlen zu Minderausgaben von mindestens 430 Millionen Euro im Jahr 2016 gegenüber dem Jahr 2010 bei den Krankenkassen und den Patienten geführt hat.
Aus dieser Betrachtung heraus wird die zukünftige Ausgabenwirkung durch die Erhöhung der Festzuschüsse für die Zahnersatzversorgung die aufgezeigten Einspareffekte rückläufiger Fallzahlen nicht übersteigen. Insofern ist die Erhöhung der Festzuschüsse zu einem früheren Zeitpunkt als 2021 vertretbar.
Artikel 1 Nr. 28 (§ 57RefE) und Artikel 1 Nr. 45 (§89 RefE)
Redaktionelle Korrekturen und Klarstellungen
Korrekturhinweis 1 zu Artikel 1 Nr. 28 (§57 RefE)
Im Referenten‐Entwurf werden im vorgenannten Artikel bei den Titeln der Punkte a) und b) jeweils formuliert: „ … werden die Sätze 8 und 9 wie folgt gefasst:“
Dies ist nicht korrekt. Es muss lauten: „b) Absatz 2 wird Satz 7 wie folgt gefasst und folgender Satz 8 angefügt:“
Es handelt sich hier wohl um eine versehentliche Übertragung der Formulierung aus Nr. 28 a) in Nr. 28 b).
Korrekturhinweis 2 zu Artikel 1 Nr. 45 (§89 RefE)
Im Referenten‐Entwurf wird im vorgenannten Artikel im Interesse einer einheitlichen Regelungssystematik § 89 Schiedsamt neu gefasst.
In der Begründung des RefE heißt es dazu:
„Zu Nummer 45 (§ 89)
… Im Interesse einer übersichtlichen und möglichst einheitlichen Regelungssystematik wird im Zuge der Einrichtung des neuen sektorenübergreifenden Schiedsgremiums in § 89a die Vorschrift des § 89 systematisch überarbeitet und neu strukturiert. Darüber hinaus werden redundante Formulierungen im Verhältnis zu der Verordnung über die Schiedsämter für die vertragsärztliche (vertragszahnärztliche) Versorgung (Schiedsamtsverordnung) gestrichen.
…
Absatz 12 und Absatz 13 enthalten die inhaltlich unveränderten Regelungen zu den Schiedsämtern für die zahntechnische Versorgung.“
Dies wird allerdings mit der vorliegenden Fassung von § 89 Absätze 12) und 13) im Referenten‐ Entwurf nicht erreicht, da noch Verweisungen fehlen.
Aufgrund der Überführung von Regelungen aus der Schiedsamtsverordnung in den § 89, bei inhaltlich unveränderten Regelungen zu den Schiedsämtern für die zahntechnische Versorgung, werden weitergehende Verweisungen notwendig.
Es muss lauten:
„45. § 89 wird wie folgt gefasst:
„§ 89 Schiedsamt
…
(12) Der Verband Deutscher Zahntechniker‐Innungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden ein Bundesschiedsamt. Das Schiedsamt besteht aus Vertretern des Verbandes Deutscher Zahntechniker‐Innungen und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in gleicher Zahl sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Im Übrigen gelten die Absätze 3, 4.
hier sind einzufügen: „5 Sätze 4‐7, 6, 7, 8, 9“.
hier sind weiterhin einzufügen: „Absatz 10 Satz 2 sowie die auf Grund des Absatzes 11 erlassene Schiedsamtsverordnung entsprechend.
(13) Die Innungsverbände der Zahntechniker, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen bilden ein Landesschiedsamt. Das Schiedsamt besteht aus Vertretern der Innungsverbände der Zahntechniker und der Krankenkassen in gleicher Zahl sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Im Übrigen gelten die Absätze 3, 4.
hier sind einzufügen: „5 Sätze 4‐7, 6, 7, 8, 9 sowie Absatz 10 Satz 2“.
hier ist weiterhin einzufügen: „sowie die auf Grund des Absatzes 11 erlassene Schiedsamtsverordnung entsprechend.“
Nach allgemeiner Auffassung gilt die Schiedsamtsverordnung auch im Bereich der Landesschiedsämter. Die bisherige Nichtbenennung im § 89 Abs. 8 sollte daher als redaktioneller Fehler behoben werden.
Anfrage des VDZI zu Absatz 13
Das Bundesministerium für Gesundheit wird in Absatz 12) und 13), durch Benennung des „Absatz 10 Satz 2“, für die Schiedsämter auf Bundesebene und auf Landesebene als Aufsichtsbehörde zugeordnet.
Der VDZI geht davon aus, dass dies nicht beabsichtigt ist und es bei der bisherigen Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden der Länder bleiben soll.
Dann müsste es in Absatz 13) statt „Absatz 10 Satz 2“ heißen „Absatz 10 Satz 1“.
§ 57 Absatz 2 SGB V und § 88 Abs. 2 SGB V
Veränderung des § 57 Abs. 2 SGB V und § 88 Abs. 2 SGB V
Die aktuelle gesetzliche strikte Orientierung der Preisvereinbarungen über zahntechnische Handwerksleistungen an § 71 Abs. 3 SGB V wird den tatsächlichen branchenspezifischen Besonderheiten und den damit verbundenen Kostenentwicklungen insbesondere des Handwerks nicht gerecht. Hierauf hat der VDZI schon mehrfach hingewiesen.
In den Vereinbarungen über das durchschnittliche Niveau der Preise nach § 57 Abs. 2 Satz 2ff SGB V auf Bundesebene und über die Höchstpreise nach § 88 Abs. 2 SGB V auf Landesebene sollte neben der Berücksichtigung des § 71 Abs. 3 SGB V die branchenspezifische Kostenentwicklung berücksichtigt werden.
Vorschlag
§ 57 Abs. 2 SGB V sollte wie folgt geändert werden:
„Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband Deutscher Zahntechniker‐Innungen vereinbaren jeweils zum 30.09. eines Kalenderjahres die Veränderung der erstmalig für das Jahr 2005 ermittelten bundeseinheitlichen durchschnittlichen Preise. § 71 Absatz 1 bis 3 gilt. Dabei sind insbesondere die maßgeblichen Kostenentwicklungen, wie der Lohnentwicklung, der Ausbildungskosten und branchenspezifische Besonderheiten zu beachten; daneben ist § 71 Abs. 1 bis 3 zu berücksichtigen.“
§ 88 Abs. 2 Satz 2 SGB V sollte wie folgt ergänzt werden:
„Die unter Beachtung der betrieblichen Kostenentwicklung und der Berücksichtigung des § 71 Abs. 3 SGB V vereinbarten Vergütungen sind Höchstpreise.“
Begründung
Diese Regelung ist verantwortlich dafür, dass Kostenveränderungen, wie sie etwa durch die Einführung des Medizinproduktegesetzes, der Zunahme der Pflichten aus dem Arbeitsschutz und insbesondere der notwendigen Erhöhungen der Ausbildungskosten zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses entstanden sind, bisher keine angemessene Berücksichtigung in der Preisentwicklung finden konnten. Auch höhere Lohnentwicklungen aufgrund der Lohnkonkurrenz der Industrie, der das Handwerk immer stärker ausgesetzt ist, bleiben unbeachtet, stellen aber spezifische Besonderheiten dar.
Der VDZI hat im Rahmen des verfügbaren Rechtsweges bis hin zum Landessozialgericht bereits erfolglos versucht, für die Verhandlungen zu den bundeseinheitlichen durchschnittlichen Preisen für zahntechnische Leistungen die ausschließliche Geltung des § 71 SGB V in Frage zu stellen.
Die maximale Vergütungserhöhung, so der Tenor, sei gesetzlich auf die Größe nach § 71 Abs. 3 SGB V beschränkt, selbst vor dem Hintergrund, dass das Bundesschiedsamt mit den Krankenkassen eingeräumt hat, dass die wirtschaftlichen Belastungen der zahntechnischen Betriebe hoch sind und ein Kostenausgleich bei dieser Regelung nicht erfolgen kann. Insofern hat das Bundesschiedsamt dieses Problem an den Gesetzgeber verwiesen.
Der VDZI sieht daher grundlegenden Handlungsbedarf bei den gesetzlichen Vorgaben zur vertraglichen Fortentwicklung der bundeseinheitlichen durchschnittlichen Preise nach § 57 Abs. 2 SGB V und der Höchstpreise nach § 88 Abs. 2 SGB V.
Zur Entwicklung des Preisniveaus zahntechnischer Leistungen
Die ausschließliche gesetzliche Ankopplung an die Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen nach § 71 SGB V hat schon seit 1993 erhebliche Konsequenzen. Sie hat zu einer weitgehenden Abkopplung der Lohnentwicklung im Zahntechniker‐Handwerk geführt. Hinsichtlich der zahntechnischen Leistungen in der Zahnersatzversorgung wurde diese Wirkung bei der Einführung der Festzuschüsse und der Preisregelung in § 57 Abs. 2 SGB V sogar noch verschärft.
Die schleichende, den Realwert der Preise aushöhlende Wirkung der rigiden Anwendung des § 71 SGB V auf die zahntechnische Preisentwicklung ist in allen Reformprozessen der letzten Jahre nachvollziehbar aufgezeigt worden.
Die strikte Bindung der Preise zahntechnischer Leistungen an § 71 SGB V ist schon deshalb unsachgemäß, weil das Zahntechniker‐Handwerk mit einem Personalkostenanteil von nahezu 60 0chgradig personalintensiv ist. Daher kann die Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen nach § 71 Abs. 3 SGB V, deren Entwicklung neben einer Reihe anderer Faktoren maßgeblich durch die industriell‐kapitalintensiven Wirtschaftszweige beeinflusst wird, kein dauerhafter Maßstab für die Kostenentwicklung eines personalintensiven Handwerks sein.
Während es in den Wirtschaftszweigen mit einer hoher Kapitalintensität eher möglich ist durch Produktivitätssteigerungen steigende Personalkosten zu bewältigen, ist dies im personalintensiven Handwerk, insbesondere im Zahntechniker‐Handwerk, nicht im gleichen Umfang realisierbar.
Daher ist in mittelfristiger Perspektive zu erwarten, dass die Veränderungsrate nach § 71 Abs. 3 SGB V nicht ausreicht, die tatsächliche und im Wettbewerb erforderliche Kostenentwicklung im Handwerk auszugleichen.
Eine strikte Anbindung der Handwerkspreise an die jährliche Veränderungsrate nach § 71 Abs. 3 SGB V führt daher zwingend zu einer schleichenden Verschlechterung der allgemeinen Lohnsituation für die qualifizierten Fachkräfte und damit gleichzeitig zu einer Verschlechterung der Konkurrenzfähigkeit der zahntechnischen Labore auf dem Arbeitsmarkt für qualifizierte und knappe Fachkräfte. Die Innovationskraft und die Leistungsfähigkeit der zahntechnischen Labore werden nachhaltig gefährdet.
§ 91 Gemeinsamer Bundesausschuss
Die Beteiligungsrechte für Zahntechniker im zuständigen Unterausschuss verbessern
Der § 91 Abs. 9 SGB V lautet:
„Jedem, der berechtigt ist, zu einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss Stellung zu nehmen, und eine schriftliche Stellungnahme abgegeben hat, ist in der Regel auch Gelegenheit zu einer mündlichen Stellungnahme zu geben. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Verfahrensordnung vorzusehen, dass die Teilnahme jeweils eines Vertreters einer zu einem Beschlussgegenstand stellungnahmeberechtigten Organisation an den Beratungen zu diesem Gegenstand in dem zuständigen Unterausschuss zugelassen werden kann.“
Vorschlag des VDZI
„zugelassen werden kann“ sollte in „zuzulassen ist.“ geändert werden.
Begründung
Die missverständliche Kann‐Form der Zulassung zu den Beratungen im Unterausschuss bietet keine ausreichende Sicherheit für ein konsequentes Beteiligungsrecht der stellungnahmeberechtigten Organisationen.
Ohne eine konkrete Verpflichtung des zuständigen Unterausschusses die stellungnahmeberechtigten Organisationen teilnehmen zu lassen, spricht die allgemeine Erfahrung dafür, dass die institutionell direkt beteiligten Gruppen (hier: Krankenkassen und Zahnärzte) diese Kann‐Form der Zulassung nutzen, um über eine Beteiligung am Beratungsprozess nach ihren jeweiligen Partialinteressen taktisch zu entscheiden.
Im Versorgungsbereich Zahnersatz sind zahnärztliche Behandlungsleistungen des Zahnarztes und die zahntechnischen Leistungen des Zahntechnikers stets komplementär.
Die unterschiedlichen Versorgungslösungen unterscheiden sich maßgeblich nach den zahntechnischen Herstellungsverfahren und verwendbaren Materialalternativen. Insofern ist es für gute Entscheidungen fachlich gerechtfertigt, wenn neben der KZBV als maßgebliche Organisation der Vertragszahnärzte auch der VDZI als maßgebliche Organisation der Zahntechniker sein spezialisiertes Wissen und seine Erfahrung in die Beratungs‐ und Entscheidungsprozesse des zuständigen Unterausschusses einbringen kann.
Daher sollte die Kann‐Form der Zulassung zu den Beratungen im Unterausschuss so geändert werden, dass eine Beteiligung des VDZI im Unterausschuss zum Themenbereich Zahnersatzversorgung grundsätzlich gesichert ist.
Artikel 1 Nummer 47 (§95 RefE) Medizinische Versorgungszentren
Der VDZI lehnt die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), hier die fachgleiche Organisationsform nur für Zahnärzte, im Grundsatz ab.
Medizinische Versorgungszentren (MVZ) zur Erbringung zahnärztlicher ambulanter Leistungen verstärken die Kommerzialisierungstendenzen in der Zahnmedizin. Sie befördern Zahnarztketten im renditeorientierten Fremdkapitalbesitz.
Die Dominanz der Renditeziele und die Ausrichtung der hierfür notwendigen Organisationsstrukturen widersprechen den Grundsätzen der Freiberuflichkeit des medizinischen Heilberufes, maßgeblich dem Prinzip der persönlichen Leistungszurechnung und persönlichen Verantwortung für eine bedarfsorientierte Versorgung des Patienten.
Damit wird ein MVZ, eine Idee der Gesundheitspolitik zur Stärkung der fachübergreifenden
medizinischen Zusammenarbeit, als Mono‐MVZ zu einem strukturpolitischen Hebel, der die
bewährten Praxis‐ und Handwerksstrukturen in Patientennähe zerstören wird.
Vorschlag 1: Ergänzung des § 95 RefE
Bei der Nummer 47 Punkt bb) wird folgender Satz eingefügt:
„Rein zahnärztliche medizinische Versorgungszentren (Z‐MVZ) dürfen für die eigene Herstellung zahntechnischer Leistungen kein nichtärztliches Personal in Anspruch nehmen.“
Begründung
Gleichzeitig führen diese Konstruktionen zu einer faktischen Entgrenzung des Rechtsrahmens des
freien Heilberufes. Mit der hierarchischen Steuerung von Zahnarztketten und MVZ durch ein Management sind zwangsläufig gewerbliche Gewinnerzielungsabsichten mit strikter Renditeorientierung verbunden. Die Unabhängigkeit eines abhängig beschäftigten Zahnarztes bei medizinischen Entscheidungen wird hier nur noch als potemkinsches Dorf behauptet.
Mit dieser Entwicklung wird die notwendige flächendeckende und wohnortnahe Praxisstruktur, und das flächendeckende Angebot zahntechnischer Versorgungsleistungen durch die zahntechnischen Meisterbetriebe, erheblich gefährdet. Denn die zahnärztlichen Mono‐MVZ werden, da in Größe und Organisationsart praktisch ungeregelt, auch ihre „Praxislaborkonstruktionen“ in „freiberuflicher“ Zahnarzthand organisieren.
Das klassische Praxislabor – einst dem einzelnen Zahnarzt in seiner Praxis für seine eigenen Patienten definiert – muss spätestens bei zahnärztlichen MVZ als ein hinter den Praxistüren unkontrolliertes Profitcenter mit Auslastungskalkül bezeichnet werden. Diese Entwicklung widerspricht allen berufsethischen und berufsrechtlichen Prinzipien, die Politik und Gesellschaft mit der exklusiven Rechtsstellung des Zahnarztes als freien Heilberuf bisher verbunden haben. Sie ist leistungs‐ und wettbewerbsfeindlich zu Lasten des spezialisierten Zahntechniker‐Handwerks. Der ordnungspolitische Kollateralschaden für die Zahntechniker ergibt sich, weil damit gleichzeitig und ohne Not die privatwirtschaftlichen und wettbewerbsorientierten Anstrengungen der zahntechnischen Meisterbetriebe bei Sachinvestitionen in technologische Innovation sowie in qualifizierte Aus‐ und Fortbildung entwertet werden. Privatwirtschaftliche Unternehmertätigkeit wird durch die neue Organisationsform in Zahnarzthand im unfairen Wettbewerb verdrängt.
Daher sind zahnmedizinische Versorgungszentren als Mono‐MVZ abzulehnen, mindestens aber ist das dabei mögliche Besitzen und gewinnorientierte Betreiben eines zahntechnischen Labors in Zahnarztregie unter dem Deckmantel der Freiberuflichkeit zu untersagen.
Faire Bedingungen für das spezialisierte Handwerk – Entgrenzung des Praxislaborbegriffs aufhalten
Die Entwicklungen bei zahnärztlichen Versorgungszentren, die mit einer ökonomischen
Entgrenzung des zahnärztlichen Heilberufes hin zu einem gewinnorientierten Unternehmen verbunden ist, macht es nunmehr zwingend erforderlich, das geltende Recht für das Führen eines Praxislabors zu hinterfragen, es zu konkretisieren und wieder durchzusetzen.
Es bedarf einer Revitalisierung einer klaren Grenzziehung zwischen der Tätigkeit des Zahanrztes als freier Beruf und der gewerblichen Tätigkeit des zahntechnischen Handwerk.
Vorschlag 1: Ergänzung des § 87 Absatz 1a Bundesmantelvertrag
§ 87 Absatz 1a wird wie folgt ergänzt:
„In dem Bundesmantelvertrag haben die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen festzulegen, dass (1.) (Vertrags‐)Zahnärzte beim Betrieb eines zahnärztlichen Praxislabors die Grenzen der Eintragungspflicht nach § 1 HwO zu beachten haben und (2.) Verstöße gegen die HwO beim Betrieb von zahnärztlichen Praxislaboren gleichzeitig Verstöße gegen vertragszahnärztliche Pflichten darstellen.“
Die klarstellende Ergänzung der vertragszahnärztlichen Pflichten könnte lauten:
,,Die Mitglieder sind beim Betreiben eines zahnärztlichen Praxislabors verpflichtet, den Betrieb gemäß § 1 HwO in die Handwerksrolle eintragen zu lassen, wenn sie die handwerksrechtlichen Grenzen der eintragungsfreien Ausübung des Zahntechniker‐Handwerks überschreiten. Ein Vertragszahnarzt verstößt gegen seine Pflichten, wenn er sein zahnärztliches Praxislabor eintragungspflichtig i.S.d. § 1 HwO aber ohne Eintragung in die Handwerksrolle betreibt."
Vorschlag 2: Änderung der Zulassungsverordnung für Zahnärzte
Schaffung von Transparenz
Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen führen gemäß der Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte‐ZV) das Zahnarztregister.
Der VDZI schlägt vor, die schon derzeit von den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen geführten Zahnarztregister zu ergänzen um Melderegister für Praxislabore mit deren räumlicher, sachlicher und personeller Ausstattung. Die BZÄK und/oder KZBV sind gemäß ihren satzungsmäßigen Aufgaben aus der Sicht des VDZI auch schon heute befugt, ein solches Melderegister zu führen.
Hieraus folgt die vorzunehmende Ergänzung der Zulassungsverordnung für Zahnärzte (Zahnärzte‐ ZV):
„Das Zahnarztregister wird um die Angaben ergänzt und bei Änderungen aktualisiert, ob der niedergelassene Vertragszahnarzt zur Fertigung zahntechnischer (Teil‐) Leistungen ein Labor in seiner eigenen Praxis führt. Ab dem 01.01.2020 sollen durch Änderung der Verordnung auch Angaben zu der räumlichen, sachlichen und personellen Ausstattung des Labors erfasst und bei Änderungen aktualisiert werden.
Zur Festlegung der Angaben/Kriterien durch das Bundesministerium für Gesundheit werden die für die Berufsrechtsfragen zuständige Bundeszahnärztekammer und die für das Handwerksrecht zuständige Handwerkskammer beauftragt, bis zum 31.12.2019 konkrete Kriterien zu den räumlichen, sachlichen und personellen Ausstattungen zu erarbeiten.“
Begründung:
Die Herstellung zahntechnischer Leistungen gehört zum gefahrengeneigten Handwerk. Es gilt die Meisterpflicht. Wird die zahntechnische Leistung vom Zahnarzt selbst oder in seiner Praxis von Personal erstellt, so zählt sie rechtlich gesehen jedoch zur zahnärztlichen Tätigkeit.
Die oben dargestellte Regelung dient dazu, Transparenz über die Zahl, Ausstattung und Entwicklung zahnärztlicher Praxislabore im Verhältnis zur Zahl und Entwicklung der gewerblichen Meisterlabore herzustellen. Gleichzeitig soll es damit den beteiligten Kreisen die Prüfung der Einhaltung der berufsrechtlichen Grenzen zwischen dem freien Heilberuf und der Ausübung einer gewerblichen zahntechnischen Tätigkeit erleichtern und Auslegungs‐ und Zweifelsfragen zwischen den beiden Berufsgruppen klären helfen.
Damit können diese Organisationen erst ihre Prüfaufgaben wahrnehmen, um die Einhaltung des Berufsrechts ihrer Mitglieder in Abgrenzung zum Handwerksrecht zu sichern.
Die fehlende Transparenz und Kontrolle hinsichtlich der Zahl und der Ausstattung von praxiseigenen Zahnarztlaboratorien und ihrer erbrachten Leistungen ist mehr als unbefriedigend und führt zwischen den Berufen zu erheblichen Konflikten. Insbesondere gibt es bis heute keine öffentlich verlässliche Transparenz über die Anzahl und Größe von zahnarzteigenen Praxislaboren und keine Kontrollinstrumente sowie Verantwortlichkeiten, mit denen eine Einhaltung der rechtlichen Vorgaben für das Betreiben von Praxislabors im Rechtsmantel des freien Berufes danach überprüft werden kann, ob nicht bereits die engen Grenzen des freien Heilberufs in Abgrenzung zu einem gewerblichen zahntechnischen Handwerksbetrieb überschritten sind.
Diese Transparenz ist eine notwendige Voraussetzung, um die Einhaltung und Funktionsfähigkeit des geltenden Rechts zu sichern, mit dem Ziel faire und leistungsgerechte Wettbewerbsbedingungen für die zahntechnischen Meisterbetriebe zu verteidigen.
Vorschlag 3: Klarstellung der unmittelbaren räumlichen Nähe zur Praxis
Das Zahnheilkundegesetz sieht die persönliche Leistungserbringung des freien Heilberufes Zahnarzt vor. Schon aus diesem Grund ist das klassische Praxislabor engen Grenzen gesetzt.
In engen gesetzlich festgelegten Grenzen kann der Zahnarzt Behandlungsleistungen auch delegieren. Damit sind jedoch strikte Aufsichtspflichten des Zahnarztes verbunden, die nach Auslegung der Zahnärztekammern eine stete Anwesenheit des Zahnarztes in interventionsbereiter Rufweite voraussetzen. Diese Aufsichtspflichten in der Praxis schließen das Betreiben eines Praxislabors außerhalb der Zahnarztpraxis aus.
Dennoch gibt es solche Praxislaborkonstruktionen außerhalb der Praxis. Sie bleiben zudem mangels Transparenz ohne erkennbare Überprüfung. Ein Zahnarzt kann nicht permanent Aufsicht über delegierte zahnmedizinische Behandlungsleistungen in der Praxis führen und zeitgleich außerhalb der Praxis seine Aufsichtspflicht über Arbeitsprozesse seines „Praxislabors“ erfüllen. Dieser objektive Widerspruch ist nur durch eine gesetzliche Klarstellung aufzulösen, so dass das Betreiben eines Praxislabor nur innerhalb der eigenen Praxis möglich ist. Dies ist auch in der Berufsordnung entsprechend zu berücksichtigen.
Zahntechnik ist ein gefahrengeneigtes Handwerk. In Deutschland sind deshalb bei der Herstellung von Zahnersatz strenge Arbeits‐ und Umweltschutzvorschriften zu beachten.
Auch gelten zu Recht die Vorschriften des Medizinprodukterechts als ein umfassendes Instrument des Patientenschutzes.
Vorschlag 4: Klarstellung des Auslagenbegriffs bei Zahnärzten
Der Zahnarzt als freier Beruf hat für zahntechnische Leistungen lediglich Anspruch auf die Erstattung seiner Auslagen, gleichgültig ob er den Zahnersatz beschafft oder in einem Praxislabor herstellen lässt. Ein Aufschlag als „kalkulatorischer Gewinnanteil“ ist nicht im Gebührenrecht für Zahnärzte vorgesehen und darüber hinaus nicht im Sinne der Ethik des freien Heilberufes.
Die Fehlanreize sind damit gesetzt, der Rechtsbegriff der Auslage wird verwässert, eine typische gewerbliche Gewinnorientierung unter dem Deckmantel der Freiberuflichkeit wird verschleiert, die Diagnose‐ und Therapieentscheidungen werden durch Gewinninteressen beeinflussbar.
Gleichzeitig werden die gewerblichen Zahntechniker im Wettbewerb weiter verdrängt. Beides ist durch eine explizite Klarstellung des Auslagenbegriffs bei Zahnärzten zu unterbinden.
Telematikinfrastruktur – Nutzen für alle sichern
Beteiligungsrechte und Vertragskompetenzen des VDZI
Der Ausbau eines digitalen Datennetzwerkes im Gesundheitswesen sollte neben dem Aspekt des Datenschutzes, auch die Sicherheit der Datentransparenz, die Datenverfügbarkeit und die Datenverwendung unter den vorgenannten Gesichtspunkten beachten.
Regelungen des Zugangs zu Datennetzen und zur Nutzung der Daten, die dieses Problem nicht hinreichend beachten, bergen die Gefahr negativer und ungewollter Auswirkungen etwa auf die Vertrags‐ bzw. Verhandlungsparität zwischen den Kollektivvertragspartnern des SGB V ebenso wie sie zu direkten und indirekten wettbewerbsverzerrenden Wirkungen zwischen konkurrierenden Leistungserbringergruppen mit unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten führen können.
Dem VDZI muss eine rechtliche Möglichkeit gegeben werden, für seine Mitglieder an der Gestaltung und Nutzung einer einheitlichen und funktionsfähigen Telematik‐Infrastruktur im Versorgungsbereich Zahnersatz mitwirken zu können.
Gleichzeitig muss er die berechtigten Interessen der Zahntechniker an einem hohen Datenschutz vertreten können. Nur durch eine Mitwirkung an den technischen und inhaltlichen Prozessen der elektronischen Datenübermittlung und Datenverwendung ist es überhaupt möglich, einem Datenmissbrauch begegnen zu können.
Vorschlag 1: Ergänzung des § 88 Absatz 1 SGB V
„In der Vereinbarung sind auch die weiteren Einzelheiten zu regeln über die nach diesem Gesetz für die Übermittlung im Wege der elektronischen Datenübertragung erforderlichen Daten zwischen dem zahntechnischen Labor und dem Zahnarzt.“
Alternativer Vorschlag 2: Ergänzung des § 295 Absatz 4 SGB V
§ 295 Abs. 4 SGB V wird um folgenden Satz ergänzt:
„Die weiteren Einzelheiten der Übermittlung der hierfür notwendigen Daten des zahntechnischen Labors an den beauftragenden Zahnarzt im Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung sind zwischen den Vertragspartnern nach § 88 Abs. 1 SGB V zu regeln.“
Begründung
Derzeit besitzen allein die zahnärztlichen Organisationen und die Gesetzlichen Krankenkassen eine gesetzliche Regelungskompetenz, um gegenüber dem einzelnen Zahnarzt – und damit indirekt auch gegenüber dem gewerblichen Labor – Vorgaben zur Datenlieferung durchzusetzen. Verfügbare Massendaten von Abrechnungen über Leistungen und Preise in der Hand nur eines Vertragspartners/Akteurs verletzen die Informations‐ und Vertragsparität zum Nachteil des anderen Vertragspartners/Akteurs im Gesundheitswesen. Dies gilt umso mehr, wenn Abrechnungsdaten in der Hand einer Organisation von Leistungserbringern sind, die gleichzeitig in einem Konkurrenzverhältnis zu anderen Leistungserbringern steht. Das kann sich direkt und indirekt auf die Vertrags‐ und Marktchancen des Einzelnen auswirken. Insofern stellen die digitale Information und ihr Zugriff darauf auch ein zu regelndes Machtproblem im Gesundheitswesen dar.
Das zahntechnische Labor steht den hierdurch ausgelösten zahnärztlichen Anforderungen ohne eigene Rechte gegenüber. Das ist unbefriedigend. Die Besonderheiten der Vertragsbeziehungen zwischen Zahnarzt und Zahntechniker machen aus unserer Sicht zwingend eine Konsenslösung erforderlich.
Die bereits heute gegebenen Anforderungen des Zahnarztes an das zahntechnische Labor steigen, ohne dass der VDZI als maßgebliche Interessenvertretung der Zahntechniker an der Gestaltung dieses Datenaustausches nachhaltig mitwirken kann. Dabei ist in der Praxis zu beobachten, dass die Anforderungen durch die Kassenzahnärztlichen Organisationen sich zunehmend erhöhen und offensichtlich auch auf Abrechnungsbereiche ausgedehnt werden, wofür es nach Auffassung des VDZI keine hinreichende gesetzliche Verpflichtung des Zahnarztes und damit auch keine Verpflichtung des zahntechnischen Labors zur digitalen Datenlieferung gibt. So können bis heute offene Fragen, beispielsweise ob und auf welcher Grundlage die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen von ihren Vertragszahnärzten in der Versorgung mit Zahnersatz im Festzuschuss‐System auch Einzelleistungs‐ und Abrechnungsdaten über die Leistungsfälle, in denen die Krankenkassen die Kosten vollständig übernehmen, hinaus verlangen dürfen, nicht aufgelöst werden. Sie bleiben ohne Beteiligungsrechte des VDZI für die Gestaltung dieses Datenaustausches unbeantwortet.
Dabei ist dieser Datenaustausch zwischen zahntechnischem Labor und Zahnarzt besonders schutzbedürftig, denn die Besonderheit der Rechts‐ und Vertragsbeziehung beider Leistungserbringer unterscheidet sich von den der anderen Leistungserbringer deutlich.
Die Abrechnung des zahntechnischen Labors erfolgt innerhalb des Werkvertrages mit dem zahnärztlichen Kunden. Damit handelt es sich um Daten aus prinzipiell schutzwürdigen, privatrechtlichen Werkverträgen zwischen dem einzelnen Zahnarzt und zahntechnischem Betrieb. Sie stellen aus dieser Sicht vertrauliche Vertragsdaten mit hoher Wettbewerbsrelevanz dar.
Zahnärzte sind Kunden der Zahntechniker. Da sie auch zur Herstellung von zahntechnischen Leistungen für die eigenen Patienten berechtigt sind, sind sie gleichzeitig auch Konkurrenten bei zahntechnischen Leistungen.
Die bloße Möglichkeiten der Sammlung von Massendaten – seien sie
sozialversicherungsrechtlicher oder privatrechtlicher Natur – ist hier, wie in allen
Wirtschaftsbereichen auch, mit Unsicherheiten und Risiken für eine missbrauchssichere
Datenverwendung verbunden.
Daher fordert der VDZI in allen zahntechnischen Fragen der Datenerhebung und Datenverwendung
ein gesetzliches Informations‐ und Beteiligungsrecht bei der Gestaltung der digitalen
Infrastruktur im Gesundheitswesen.
Die bloße Möglichkeiten der Sammlung von Massendaten – seien sie sozialversicherungsrechtlicher oder privatrechtlicher Natur – ist hier, wie in allen Wirtschaftsbereichen auch, mit Unsicherheiten und Risiken für eine missbrauchssichere Datenverwendung verbunden.
Daher fordert der VDZI in allen zahntechnischen Fragen der Datenerhebung und Datenverwendung ein gesetzliches Informations‐ und Beteiligungsrecht bei der Gestaltung der digitalen Infrastruktur im Gesundheitswesen.
Die Stellungnahme des VDZI zum TSVG finden Sie hier zum Download.