Der Generationenwechsel schreitet auch im Handwerk immer stärker voran
Auf der Internationalen Handwerksmesse wurde der Nachfolgemonitor für das Handwerk vorgestellt.
07.07.2022
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) geht davon aus, dass mindestens 125.000 Familienbetriebe in den nächsten fünf Jahren eine Unternehmensnachfolgerin oder einen Unternehmensnachfolger, sei es in der Familie, in der Belegschaft oder extern, suchen werden. Den entsprechend hohen Informationsbedarf zur Unternehmensnachfolge im zahntechnischen Labor haben die gut besuchten Vorträge dazu auf der Zahntechnik plus gezeigt.
Die Bedeutung des Generationenwechsels im Handwerk unterstreichen nun auch die Ergebnisse einer Sonderuntersuchung des Nachfolgemonitors für das Handwerk, der am 6. Juli in München vorgestellt wurde.
Untersucht wurden zum Beispiel Nachfolgen nach Übernehmenden und Unternehmensform, wie viele Arbeitsplätze durch Nachfolgen gesichert wurden oder wie sich das Geschäft vor und nach der Übergabe entwickelte.
Die übergebenden Handwerker:innen sind im Durchschnitt 63,6 Jahre alt, wenn sie ihren Betrieb übergeben. Die Hälfte aller Übergebenden ist dabei zwischen 60 und 67 Jahre alt. Es gibt allerdings große Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern und Gewerken, die im Nachfolgemonitor anhand von Grafiken abgebildet sind.
Die übernehmenden Nachfolger:innen sind im Durchschnitt 38,3 Jahre alt, wenn sie einen Betrieb übernehmen. Die Nachfolgerinnen, die im langfristigen Durchschnitt einen Anteil von 16 Prozent ausmachen, sind dabei etwas jünger als die männlichen Übergebenden. Der Anteil der Nachfolgerinnen liegt im Beobachtungszeitraum von 2014 bis 2021 deutlich unter der Quote anderer Branchen, wo er im Durchschnitt bei rund 25 Prozent liegt. Allerdings ist der Anteil im Jahr 2021 auf 22 Prozent angestiegen.
Der Nachfolgemonitor kam zum Ergebnis, dass im Handwerk zunehmend größere und erfolgreichere Unternehmen für eine Übernahme gesucht werden. 2020 lag der durchschnittliche Umsatz bereits bei circa 2,2 Millionen Euro und das durchschnittliche Betriebsergebnis (EBIT) bei 277.000 Euro.
Derzeit verlaufen zwei Drittel aller Übernahmen im Handwerk wirtschaftlich erfolgreich. Mehr als die Hälfte der Übernehmenden konnte sogar die Umsätze der erworbenen Betriebe steigern. So konnte der Umsatz im Durchschnitt um 332.000 Euro gesteigert werden, im Vergleich der zwei Jahre vor der Übergabe und der zwei Jahre nach der Übergabe. Insbesondere Nachfolgerinnen zeigten sich erfolgreich.
Zu den vorgestellten Ergebnissen äußerte sich auch Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH). Dabei wies der Handwerkspräsident auf die wichtigen Aspekte von Unternehmensnachfolgen im Sinne einer ökonomischen Nachhaltigkeit, der Übergabe und Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen sowie dem Erhalt regionaler Wirtschaftskraft hin.
„Neben Neugründungen sind es insbesondere erfolgreiche Betriebsübernahmen, die die attraktiven Ausbildungs- und Arbeitsplätze sowie wertvolles Know-how bewahren helfen. Bei rund 125.000 anstehenden Betriebsübergaben in den kommenden fünf Jahren allein im Handwerk ist es längst nicht mehr ein rein persönliches Unterfangen, eine erfolgreiche Nachfolge für den Betrieb zu organisieren, sondern es ist angesichts dieser Größenordnung von gesamtwirtschaftlicher und gesellschaftlicher Relevanz.“
Wie die Untersuchung zeigt, wurden in den Jahren 2019 bis 2021 rund 44.176 Arbeitsplätze gesichert und rund 4.916 neu geschaffen.
Als große Herausforderung für das Handwerk benannte der wissenschaftliche Leiter der Studie, Prof. Dr. Holger Wassermann von der FOM Hochschule, den demografischen Wandel: „Neben dem Fachkräftemangel zeigt sich dieser vor allem bei den Betriebsnachfolgen: Immer mehr Betriebe suchen aus Altersgründen geeignete Nachfolgerinnen und Nachfolger - die Zahl der potentiellen Übernehmerinnen und Übernehmer wird jedoch immer geringer."
Unternehmensnachfolge auch in der Zahntechnik
VDZI-Vorstandsmitglied Lutz Bigl äußert sich im Interview
Der Nachfolgemonitor hat sich auch mit der Frage beschäftigt, welchen Anteil verschiedene Branchen an den Nachfolgen im Handwerk einnehmen. Insgesamt gab es 2.615 Übernahmen im Handwerk. Zur Gruppe des verarbeitenden Gewerbes zählt zum Beispiel das Zahntechniker-Handwerk. Im Beobachtungszeitraum 2014 bis 2021 wurden 75 zahntechnische Laboratorien übernommen.
Im exklusiven TELESKOP-Interview äußert sich VDZI-Vorstandsmitglied Lutz Bigl über die Planung der Betriebsübergabe und die Erfolgsfaktoren im Übergabeprozess für Betriebsinhaber:innen. Das Interview gibt's hier
Die Sonderausgabe Handwerk des Nachfolgemonitors
Für die Sonderausgabe Handwerk des Nachfolgemonitors, den der Verband Deutscher Bürgschaftsbanken (VDB), Creditreform Rating und die FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinsam erstellt und am 6. Juli 2022 im Rahmen einer Gemeinschaftsveranstaltung mit dem ZDH veröffentlicht haben, wurden Übernahmen aus den Jahren 2014 bis 2021 untersucht.
Die detaillierten Ergebnisse mit ausführlichen Grafiken und Erläuterungen finden Interessierte hier